Im Jahr 2025 liegt der Wiederverkauf und der Gebrauchtkauf bei den Verbrauchern voll im Trend. Sei es, um Geld zu sparen oder die Umwelt zu schonen, immer mehr Menschen entscheiden sich für „gebrauchte“ Produkte – und das nicht nur bei Kleidung.
Re-Commerce (abgeleitet vom Wort „Reverse Commerce“) ist, wenn du Produkte verkaufst, die schon mal einen Besitzer hatten. Also ein komplizierter Begriff für Secondhand.
Oder im Lehrbuchstil:
Recommerce bezeichnet den An- und Verkauf von gebrauchten Waren. Er verwandelt den Secondhand-Handel in einen modernen, organisierten Markt mit Fokus auf digitale Prozesse.
Secondhand ist im wieder Trend und auch in den Einkaufsstraßen wieder öfter gesehen. Das Geschäftsmodell ist weder für Verbraucher noch für Unternehmen neu. Der Verkauf von gebrauchten Produkten direkt über E-Commerce-Shops (nicht Plattformen) ist dabei aber der neue Twist.
Alles Alte ist wieder neu
Re-Commerce gibt es schon seit Jahrzehnten und wurde durch Plattformen wie eBay (hier bei uns) und Craigslist (in den USA) populär gemacht.
Durch die Digitalisierung, das wachsende Bewusstsein für Nachhaltigkeit und den Druck auf die E-Commerce-Händler, ihre Prozesse zu automatisieren und umweltfreundlicher zu gestalten, hat sich der Re-Commerce zu einem wachsenden Trend entwickelt.
Spannend ist auch die Gegenkultur zu bekannten Billig-Apps aus Fernost, welche die Spaltung vieler Verbraucher zwischen Hyper Fast Fashion (Preis) und Slow Fashion (Qualität) zeigen.
Laut Statista kaufen 55% der Verbraucher gebrauchte Produkte. Das zeigt, dass sich das Einkaufsverhalten der Verbraucher stark verändert.
Der Secondhand-Fashion-Markt allein macht in der EU mittlerweile um die 30 Milliarden Euro Umsatz.
Wieso der Second Hand Boom?
Die Verbraucher von heute, insbesondere Millennials und die Generation Z, stehen auf zirkuläre Handelsmodelle, bei denen Nachhaltigkeit und Produktwert keine Kompromisse machen.
Re-Commerce-Händler wachsen aktuell viel schneller als normale Läden oder Off-Price-Händler. Deshalb können Verbraucher immer leichter recycelte und wiederaufbereitete Artikel kaufen und verkaufen.
Jüngere Verbraucher wollen lieber Sachen teilen, wiederverwenden oder bereits genutzte Produkte besitzen, um etwas Gutes zu tun und Kosten zu sparen.
Die Qualität und Langlebigkeit der Waren sind auch wichtig. Die Verbraucher werden immer wählerischer und erwarten, dass Secondhand-Artikel in einem hervorragenden Zustand sind. Dieser Wandel wirkt sich auf ihre Loyalität gegenüber Recommerce-Plattformen aus, die diese Standards erfüllen.
Transparenz in Bezug auf die Herkunft der Produkte und eine faire Preisgestaltung sind unerlässlich geworden. Die Kunden wollen wissen, welche Geschichte hinter den Produkten steckt, die sie kaufen.
Unser Input zu Second Hand Fulfillment oder ReCommerce Logistik
Licht und Schatten, wie bei allen Geschäftsmodellen:
Es lohnt sich nicht für preiswerte Produkte. Je hochwertiger und spezieller, desto besser für dein E-Commerce-Business. Secondhand bedeutet einfach mehr Aufwand und Herausforderung = Kosten. Und dabei sollte es wirtschaftlich sein, um Sinn zu machen.
Nicht jede Art von Re-Commerce lohnt sich im E-Commerce. Der stationäre Handel kann etwa Ware nach Kilo abrechnen (Kölner Beispiel) oder einfach gemischte Ware auf eine Stange hängen und einen Preis je Teil anbringen. Im Onlinehandel braucht es kreative Lösungen.
Es ist ein kleinteiliges Geschäft. Jedes Produkt muss erfasst und geprüft werden. Je mehr Bilder und Eckdaten zum Produkt du hast, desto besser. Kleinanzeigen-erfahrene wissen, wovon wir sprechen.
Viele viele SKU’s, oder du fokussierst dich auch auf eine ganz bestimmte Nische. Wenn du nur gebrauchte California Birkenstocks verkaufst ist übersichtlicher als Sneaker allgemein.
ReCommerce ist auch für Brands, die neue Waren verkaufen. Zweite-Chance, B-Ware, Rücknahme von gebrauchter Ware gegen Gutscheine. Das alles sind Konzepte, die deiner Marke Mehrwert verschaffen können.
Es skaliert nicht so schnell wie andere Geschäftsmodelle. Wenn du nur 10x Podcasts hörst, ist es vielleicht nichts für dich. Aber wenn du ein gesundes und nachhaltiges Geschäft aufbauen willst, kann es genau das Richtige für dich sein.
Vor allem, wenn du dich spezialisierst, ist die Anzahl der Produkte, die du im richtigen Zustand und zum richtigen Preis kaufen kannst, begrenzt.
Der Fulfillment-Aspekt
Qualitätskontrolle und Aufarbeitung. Wenn du willst, dass deine Produkte beim Wiederverkauf top in Schuss sind, musst du der Detektiv und Handwerker in einer Person sein. Check jeden Artikel, der zurückkommt, um sicherzugehen, dass er den Wiederverkaufsstandards entspricht.
Lass dich vom Tesla, Patagonia, Rolex und Co-Prozess (je nachdem welche Brands du fühlst oder umfährst) für Refurbished Strategien inspirieren.
Das heißt, man muss die Defekte finden und beheben, die richtigen Teile beschaffen und dafür sorgen, dass die Standards für die verschiedenen Produkte einheitlich sind.
Das Ziel ist, sicherzustellen, dass jedes Produkt die Kundenerwartungen erfüllt und das Ansehen Ihrer Marke aufrechterhält.Bestandsmanagement. Die Übersicht über die Bestände im Wiederverkauf kann schwierig sein. Im Gegensatz zu neuen Produkten, die ziemlich vorhersehbar sind, kann der Bestand im Wiederverkauf stark schwanken. Schau dir mal an, wie Patagonia sein Worn Wear-Programm macht.
Die verwalten den Bestand dynamisch, basierend auf den Einzelstücken, die reinkommen. Dafür brauchst du ein System, das sich an die Änderungen anpassen kann.
Verpackung und Etikettierung. Umweltfreundliche Verpackungen im Re-Commerce sind nicht nur ein Nice-to-have, sondern ein Muss.
Besonders diese Kunden finden es super, wenn Marken sich die Mühe machen, recycelbare, biologisch abbaubare oder wiederverwendbare Materialien zu verwenden.
Aber die Kennzeichnung dieser Produkte kann selbst schwierig sein. Jedes Produkt benötigt einen Barcode (egal ob GTIN oder SKU, wenn du direkt an Endkunden verkaufst) und muss im System gepflegt sein.
Retourenmanagement. Die Verwaltung von Rücksendungen im Recommerce kann sich echt wie ein Labyrinth anfühlen.
Im Gegensatz zum traditionellen Fulfillment, wo es hauptsächlich um einheitliche, neue Artikel geht, müssen im Secondhand Fulfillment Produkte bearbeitet werden, die in den unterschiedlichsten Zuständen zurückkommen.
Stell dir mal vor, ein Paar Schuhe ist nagelneu und ein anderes wurde ein Jahr lang getragen. Jede Rücksendung ist anders und benötigt besondere Aufmerksamkeit.
Dein Team muss wissen, wie man mit den verschiedenen Varianten umgeht und die Artikel einzeln und nicht in großen Mengen bearbeitet.
Das erfordert eine spezielle Schulung der Mitarbeiter und einen flexibleren operativen Ansatz.
Damit Re-Commerce für deine Marke funktioniert
Erstens muss man wissen, wie man die Ware beschafft oder zurücknimmt. Gehst du traditionell über Märkte und Plattformen auf die Suche nach Einzeldeals? Oder hast du ein automatisiertes System zum Ankauf und Kollaborationen mit Brands direkt? Es darf nicht unklar sein, wer für was verantwortlich ist.
Als Marke mit Neuware und geplantem Rücknahmeprogramm: Ein Hybridmodell, bei dem die Rücksendekosten geteilt werden, kostenlose Rücksendungen für Premium-Mitglieder oder hochwertige Artikel und Gebühren, die auf der Grundlage des Wiederverkaufspotenzials und des Zustands berechnet werden, wäre eine Überlegung wert.
Der Einsatz spezialisierter Fulfillment-Services wie detaillierte Zustandsbewertungen und Inspektionen mit standardisierten Bewertungssystemen wäre ebenfalls ein guter Schritt.
Und bei der Aufarbeitung und Neuverpackung wäre es auch sinnvoll, mit Reparaturdienstleistern und Aufarbeitungseinrichtungen zusammenzuarbeiten, die vielleicht sogar vom Hersteller zugelassen und akkreditiert sind.
Pricing is key. Wenn du gebrauchte Produkte wiederverkaufen willst, ist es wichtig, dass du den richtigen Preis festlegst.
Denn nur, wenn du genug Käufer anziehst, machst du auch Gewinn. Du musst dich also am Markt orientieren und auch den Zustand des Artikels berücksichtigen.
Für Artikel, die jeder haben will, kannst du den Preis in der Nähe des Neupreises ansetzen. Für Artikel, die nicht so gefragt sind, musst du vielleicht höhere Preise ansetzen. Der Ruf der Marke, die Seltenheit des Produkts und aktuelle Trends sind dabei entscheidende Faktoren.
Wer als Verkäufer große Rabatte für Großeinkäufe oder ältere Modelle anbietet, lockt mehr Käufer an. Die Verwendung einer Preisvergleichstabelle hilft den Verkäufern zu verstehen, wo ihre Preise stehen. Zum Beispiel:
Produktzustand Empfohlener Rabatt (%)
Neuwertig 10-20%
Gut 20-40%
Ordentlich 40-60%
Fazit
Recommerce Fulfillment und Secondhand Fulfillment. Vielleicht als Verbraucher auch mal Nein sagen zu 2 € Shirts von Trend-Apps aus fragwürdigen Produktionsstätten.
Jeder kann dazu beitragen, die Modeindustrie nachhaltiger zu machen, indem wir Kleidung aus nachhaltigen Materialien kaufen und Marken unterstützen, die sich für soziale und ökologische Verantwortung einsetzen.
Aber! Mode ist traditionell zwar eine der beliebtesten Kategorien für Recommerce, aber bei weitem nicht die Einzige.
Der Recommerce-Trend wächst und umfasst eine Vielzahl von Branchenbereichen.
Was lässt sich also am besten wiederverkaufen? Wenn Zustand und Qualität stimmen, können alle Kategorien, die nicht verderblich sind, davon profitieren.
Mode und Elektronik sind da ein anschauliches Beispiel. Da ändert sich ständig was, weil es ständig neue Kollektionen gibt oder Upgrades. Da kann man also echt mal ein qualitativ hochwertiges Teil ergattern, das bei Erscheinen des neuesten und besten Produkts vielleicht schon reduziert ist.
Auch Bücher, Schallplatten und Co. sind bekannt für große Gebrauchtmärkte.
Weil immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeitskriterien anwenden und die Verbraucher nach wie vor Wert auf Wert und Umweltverträglichkeit legen, ist der Recommerce-Markt für weiteres Wachstum bereit.
Wenn deine Brand Recommerce in ihr Geschäftsmodell integrieren kann, könnte sie ihr Wachstum vorantreiben, die Nachhaltigkeit fördern und die Ansprüche der anspruchsvollen Verbraucher von heute erfüllen.